VI - POLITISCHE STRUKTUR

VI - POLITISCHE STRUKTUR

1. Allgemeine Voraussetzungen

1.1. Portugal wird politisch definiert als sozialistische, selbstverwaltete und ökologische Bundesrepublik.

1.2. Ihr politisches Organisationsprinzip ist der Föderalismus, das heisst die freie Vereinbarung zwischen den Gemeinden solcherart, daß sie über ihr eigenes Territorium hinaus ihre Anstrengungen für die Befriedigung der gemeinsamen Bedürfnisse vereinen sollten. Die Legitimation der Verwaltungsebenen und der öffentlichen Organe kommen „von unten” , der Basis, und nicht von der Spitze der heutigen Staatspyramide oder aus irgendeiner Fiktion von „Volkssouveränität”.

1.3. Die öffentlichen Verwaltungsorgane beinhalten Entscheidungs- und Kontrollorgane, sowie ausführende Organe auf Dauer und als eine Art technische Einrichtung. Im ersten Falle werden die Versammlungen direkt durch die Bürger gewählt (in einem Stadtteil, einem Dorf, einem Grätzl oder der Stadtgemeinde) die Kongresse (Regionalräte und Bundesrat) werden aus Delegierten gebildet. Im zweiten Fall handelt es sich um Wohnkommittees, um Grätzlkommittees, Gemeindekammer, Regionalratsausschuss und die permanente Kommission des Bundesrats. Es gibt jeweils Kontrollmechanismen für die Mandate sowie die Möglichkeit ihrer Absetzbarkeit.

1.4. Rechte, Freiheiten und traditionelle Garantien für Individuen und Gruppen sind ungeschmälert vor allem die Rede-, Versammlungs-, Demonstrationsfreiheit, etc.) . Die Berufsverbände, Konsumentenvereine, kulturelle, wissenschaftliche und Sportvereinigungen werden zur Mitarbeit in der öffentlichen Verwaltung aufgefordert. Ideologische Gruppierungen (Parteien) und religiöse Vereinigungen (Kirchen jedweder Konfession) haben volle Freiheit ihre Aktivitäten zu entfalten, sollen aber in keiner Weise in öffentlichen Organen Einfluss ausüben.

1.5. Die direkte Beteiligung der Bürger in den politischen Entscheidungen ist entscheidend für die überwindung gesellschaftlicher Ungleichheiten. Das Referendum ist eines der möglichen Mechanismen, deren man sich insbesondere in Gemeindeangelegenheiten bedienen kann.

1.6. Obgleich das Prinzip der Abschaffung politischer Grenzen und das Prinzip der Souveränität angestrebt werden, müssen Grenzen aufrechter halten werden, solange die Nachbarländer keinen ähnlichen Kurs einschlagen; auch haben die Bürger ein Recht auf „Staatsbürgerschaft” bzw. die Staatenlosen ein Recht auf Asyl. In diesen Dingen sollte oberster Grundsatz die Einfachheit der Regeln und allergrößte Liberalität sein. Die Grenzkontrolle soll in einfacher Weise durch die Grenzorte wahrgenommen werden.

1.7. Um den Bruch mit den jetzigen politischen Praktiken zu vollziehen, sollten die traditionellen Staatssymbole abgeschafft werden: Keine Nationalhymne, keine Flagge, keinen „Staatschef” .Die Funktionen der Aussenrepräsentation werden durch die Mitglieder der permanenten Kommission des Bundesrats miterledigt. In internationalen Körperschaften soll einzig die Bezeichnung „Portugal” Verwendung finden.

2. Lokale Verwaltung

2.1. Der Bezirk oder die Gemeinde - wie schon immer in Portugal - wird die tragende politische Säule sein, mit völliger Autonomie und tatsächlicher lokaler Selbstbestimmung.

2.2. Nur das, was eindeutig nicht auf Gemeindeebene erfüllt oder gelöst werden kann, wird an die Kompetenz weiterer Ebenen weitergereicht: An die Regional- und Bundesverwaltung. Andererseits: Alles, was die Gemeinde in den Bereich der Grätzl und Bewohnerräte „hinunterreichen” kann, soll im Geiste der Zusammenarbeit und gegenseitiger Hilfe zwischen diesen Instanzen.

2.3. Unter anderem fallen in die lokale Verwaltungskompetenz:
-Wohn- und Stadtinfrastruktur
-Wasserversorgung; Reinigung; Entsorgung und Reperaturen
-Strassenverwaltung; Durchzugsverkehr; Transporte
-Freizeit-, Sport- und kulturelle Einrichtungen
-Parks und Grünflächen
-Bibliotheken; Museen und Denkmäler; Tourismus
-öffentliche Sicherheit; Verzeichnisse und Statistiken
-Justiz, soziale Hilfsdienste und kulturelle Aktion
-Finanzen
-Primar-, Sekundar- und höhere Schulen
-Hospitäler und Basisgesundheitszentren
-öffentliche städtische und lokale Frachten

2.4. Die Bezirksorgane (Versammlung und Kammer) sowie auch die der Nachbarschaften und der Bewohner werden gewählt und kontrolliert durch diverse Bürgerbeteiligungsformen. Um die wahldemokratischen Auswüchse zu vermeiden, sind die Gemeindewahlen nicht gleichzeitig anzusetzen, sondern zu verschiedenen Zeitpunkten und indem die Bezirke jeweils über einen definierten Mandatsanteil verfügen. Die Spanne darf nicht über drei bis vier Jahre reichen.

2.5. Im Falle von Lisboa und Porto müsste die gigantische Dimension dieser Städte zu einer Aufteilung in andere und kleinere Gemeinden fuhren (z.B. kö”nnte man sich innerhalb Lisboa vorstellen: Zentrum bzw. Altstadt; Neustadt,Norden und Westen) . Diese neuen Gemeinden sollen zusammen mit den existierenden angegliederten Stadtgemeinden (im Fall Lisboae Amadora,Oeiras, Loures, Almada, etc.) neue Einheiten bilden, die unter Beibehaltung der ursprünglichen zwei Großagglomerationen (Zusammenballungen) als „Stadtgebiete von Lisboa und Porto” mit den entsprechenden Anpassungen bezeichnet werden sollen.

2.6. Die Möglichkeit funktioneller Zusammenschlüsse zwischen Gemeinden für spezifische Zwecke (z.B. Wasserversorgung, Verkehr, etc.) sollte möglich sein, auch unter Einbeziehung spanischer Gemeinden im Falle von Grenzorten.

2.7. Grätzlräte und Bewohnerorganisationen, im Prinzip finanziell ungebunden, sollten eine sehr wichtige Rolle in der Kommunalverwaltung spielen.Etwa könnten ihnen nach der Abschaffung der Polizei und der heutigen Justizeinrichtungen Funktionen in den Bereichen der sogenannten öffentlichen Sicherheit und der Aburteilung von Verwaltungsübertretungen obliegen, und zwar nicht durch Neuformierung professioneller „Stäbe", sondern mittels Beteiligung ganz normaler Leute.

3. Regionale Verwaltung

3.1. Als Entscheidungsebene der korrespondierenden Bevölkerung sollen die Regionen nach kulturellen, historischen und ökologischen Kriterien abgegrenzt werden. Das könnte so aussehen:
- Douro - Minho - Zwischenstromland(Sitz:Porto)
- Tras-osMontes und Alto Douro (Sitz: Braganga)
- Beiras (Sitz: Coimbra)
- Estremadura und Ribatejo (incl. Setšbal, Santar@m und Caldas da Rainha) (Sitz: Lisboa)
- Alentejo (Sitz: Evora)
- Algarve (Sitz: Faro)

3.2. Die regionalen Organe sind der Regionalrat (zusammengesetzt aus Delegierten der dazugehörigen Gemeinden und aus Betrieben,aus Berufsverbänden, Konsumenten-, Kultur-, Wissenschafts- und Freizeitvereinen), und der Ausschuß des Regionalrats als Ausführungsorgan und verantwortliche Stelle für die Koordination der regionalen öffentlichen Dienste.

3.3. In die Kompetenzen der Regionen fallen ausdrücklich: -die statistischen Dienste (mit speziellem Augenmerk auf regionale Probleme der Produktion, der Investitionstätigkeit, der Preise und der Einkommen)
- Die regionalen Spitäler und andere komplexere Gesundheitseinrichtungen; die Universitäten; die regionale Infrastruktur;
- das Hauptstrassennetz; öffentliche Organe im ökologischen Bereich.

3.4. Der Fall Azores und Madeira soll natürlich der freien Entscheidung ihrer Bevölkerung anheimgestellt werden. Solange sie dies für gut befinden, können sie weitere Regionen nach den gleichen Prinzipien wie auf der iberischen Halbinsel, nur mit den entsprechenden Anpassungen, einzurichten.

4. Die Bundesverwaltung

4.1. Die Bundesverwaltuing sei sozusagen der letzte „Zufluchtsort” für Aufgabengebiete, die der lokalen und regionalen Verwaltung entschlüpfen. Um jedoch die „Selbstverstärkung von Macht” zu verhindern, deren Gefahr durch Aufgabenkonzentration an einem Punkt besteht, wird die Bundesverwaltung zusätzlich dezentralisiert: Einerseits liegen die Bundesabteilungen (die die Ministerien der Staatsverwaltung ersetzen sollen) verstreut über das Bundesgebiet; auch sind die Amtssitze nicht mehr als Koordinationsstellen für öffentliche Dienste (Institute Organe, etc.), die wiederum selbst durch die dort Beschäftigten verwaltet werden; schließlich existiert keine persönliche Spitze als Entscheidungsträger in der Leitung dieser Abteilungen (es gibt also keine Minister!), sehr wohl aber Kollegialorgane der Verwaltung und in der Hauptsache rein technische Arbeitsaufträge.

4.2. Die Bundesabteilungen und ihre Sitze könnten so aussehen:
-Koordination und Planung (in Tomar)
-Erziehung (in Coimbra)
-Gesundheit (in Porto)
-Auáenbeziehungen (Lisboa)
-Landwirtschaft (Beja)
-Meer (Setšbal)
-Industrie (Braga)
-Soziales (BraganQa)
-Rechtsprechung (Faro)
-Versorgung (Aveiro)
-Transport und Kommunikation (Lisboa)
-Raumordnung und Siedlungswesen (Guarda)
-Soziales (Portalegre)

4.3. Es soll Bundesinstitutionen geben (das heisst aus dem Bundesbudget gespeist), die aus den heute unzählig vorhandenen Körperschaften hervorgehen, jedoch durch Mitbestimmungsmodelle umgestaltet worden sind. Eine Beispielhafte Auswahl:
-Nationalinstitut für Agrarwissenschaften
-Nationales Forschungsinstitut für Fischereiwesen
-Lebensmittelüberprüfungsinstitut
-Nationales Gesundheitsinstitut
-Institut für Kältetechnik
-Institut für ausländische Investitionen in Portugal
-Exportförderungsinstitut
-Nationales Institut für Arbeiter und Angestellte
-Berufsförderungsinstitut
-Nationalinstitut für Meteorologie und Geophysik
-Seehandelsschulen
-Nationalinstitut für wissenschaftliche Forschung
-Nationalinstitut für Pädagogik
-Nationalbibliothek
-Geographisches- und Katasterinstitut
-Statistisches Zentralamt
-Nationales Labor für Ingenieurwesen und Technologieentwicklung
-Institut zur Förderung der Klein- und Mittelbetriebe
-Nationalinstitut für industrielle Forschung
-Wohnungsförderungsfonds
-etc. etc. pp. pp.

All diese öffentlichen Einrichtungen sollen keine wie immer geartete Autorität über die entsprechenden Organe auf der regionalen oder lokalen Ebene ausüben; sie sollen lediglich statistische Information sammeln und jenen ihre Dienste, Auskünfte, Ratschläge und technischen Einrichtungen zur Verfügung stellen.

4.4. Die politischen Bundesorgane, von denen die Abteilungen abhängen, sind der Bundesvolkskongress und sein permanenter Ausschuss. Der erste ist ein Organ, das sich aus maximal 100 Personen zusammensetzt, die aus folgenden Bereichen delegiert werden:
- aus den Regionen (durch die Regionalräte)
- aus den städtischen Distrikten Lisboa und Porto
- aus den Bundesabteilungen
- aus gemeinwirtschaftlichen und genossenschaftlichen Betrieben (delegiert Aufgrund eigener Kriterien)
- aus den Berufsverbänden
- aus den Konsumentenverbänden
- aus Kultur-, Wissenschafts- und Freizeitvereinigungen

4.5. Die Bundeskommission (permanenter Ausschuss) ist das amtsführende, dauernde Organ für Bundesbelange, ernannt durch den Volkskongress und auch vor ihm verantwortlich. Er nimmt die Koordination zwischen den Abteilungen wahr, bereitet die Entscheidungen des Kongresses vor (vor allem das Budget) und vertritt Portugal nach aussen. Aus Gründen der geforderten Dezentralisation sollen die zwei Bundesorgane ihren Sitz in Tomar aufschlagen; Tomar liegt ungefähr im Zentrum Portugals.

5. Justiz und Rechtsprechung

5.1. Wenn einmal das „Gesetz” , abgestimmt durch eine Handvoll Abgeordneter und Millionen aufoktroyert, verschwindet, heisst das nicht, daß jede Form des Rechts damit verschwindet. Im neuen System werden die wichtigsten Rechtsformen der Konsens und der frei vereinbarte Vertrag sein, und zwar auf allen Ebenen. Trotzdem sollen die Beschlüsse, Bestimmungen und andere Regulationen der im Interesse aller arbeitenden Verwaltungsorgane gelten. Im Vergleich zum heutigen Zustand von Staat und Gesellschaft, kann man diesen Wandel mit Recht als „Vergesellschaftung des Staates” bezeichnen.

5.2. Wie wir an Hand des ökonomischen und politischadministrativen Systems vorher gezeigt haben, basiert auch das Justizsystem auf den lokalen Gemeinschaften, Nachbarschaften und Gemeinden. Konflikte zwischen Menschen oder zwischen Menschen und Institutionen (Verbänden, Betrieben, Verwaltungsorganen und -einrichtungen) werden durch Konfliktkommissionen und lokalen Tribunalen behandelt, die aus erwählten, nach Zufallskriterien aus der Bürgerschaft ausgelosten Richtern und einer äußerst geringen Anzahl von Rechtsexperten bestehen. Die Rechtsnormen sollen von den Gemeinschaften an der Basis selbst entwickelt werden. Für schändliche Taten gilt als Höchststrafe Verbannung oder Verstossung.

5.3. Es wird noch einen anderen Typus von Gerichten geben - Verwaltungsgerichte - um die Konflikte zwischen Körperschaften zu regeln: Etwa Betrieben, Verbänden, Selbstverwaltungsorganen jedweder Art, etc.

5.4. Alle Rechtsvorgänge werden vereinfacht, entbürokratisiert und unentgeltlich gemacht. Der „Staatsanwalt” als Repräsentant des Staates verschwindet, wohl aber ist ein Rechtsbeistand garantiert (Advokat). Meldeamt und Notariat bleiben, ebenfalls vereinfacht und unentgeltlich. Eine einzige bundesweite Identitätskarte wird für alle Formalitäten der Identifikation ausreichen. Im Zivilrecht ist die freie Partnerschaft innerhalb und ausserhalb der „Ehe” sichergestellt. Die „Vormundschaft” über Minderjährige wird aus einem gefühlsmäßigen, psychologischen und sozialen Blickwinkel beurteilt.

5.5. Alle Gefängnisse werden abgeschafft. Die sozialen Fälle von „Kriminalität", die aus den herrschenden Verhältnissen resultieren, die durch Gewalt, Konkurrenz, Macht und Ungleichheit gekennzeichnet sind, sollen in die Obhut von speziell geschulten Kräften kommen, etwa besonders geschulten Sozialarbeitern. Ihre Wiedereingliederung soll im offenen System erfolgen. Einzig pathologische bzw. psychiatrische Fälle können ausnahmsweise eine Internierung erfordern.

6. Die Streitkräfte

6.1. Alle militärischen und militarisierten Organisationen werden aufgelöst (vor allen das Heer, die Marine, die Luftwaffe, PSP, GNR, Zollwache, Justizpolizei, etc.). Die betreffenden Personen sollen für die Wiedereingliederung in anderen Bereichen, etwa in der Herstellung und Installation nützlicher Güter und für die Zerstörung aller Kriegseinrichtungen, umgeschult.

6.2. Diese Funktionäre umzuschulen heisst die nicht ausgesprochen militärischen Fähigkeiten eines jeden zu entwickeln. Etwa können Luft- und Wasserspezialisten in den entsprechenden Diensten auf dem zivilen Sektor eingesetzt werden. Die Kommunikationstechniker, Mechaniker, Elektroniker, Verwaltungsbeamte, etc. sollen entsprechend ihrer Qualifikation eingesetzt werden. So wie alle anderen öffentlichen Funktionäre erhalten sie bis zur Vollendung ihrer Umschulung eine Sozialrente.

6.3. Die Fabrikation von Wiaffen und Kriegsausrüstung ist so wie der Transport durch portugiesisches Territorium verboten, ebenso deren Transport mittels portugiesischer Flugzeuge und Schiffe. Fabriken und Arsenale werden für sozial nützliche Güter umgerüstet.

6.4. Es wird ein Nationalinstitut zur Erforschung gewaltfreier, sozialer Verteidigung ins Leben gerufen, das die Prinzipien und Techniken sozialer Verteidigung studieren und verbreiten soll, wie z.B. Mitarbeitsboykott im Falle einer Invasion durch eine fremde Macht. Derartige Unterrichtsinhalte werden in Schulen, Betrieben etc. verbreitet.

6.5. In zweifelsfreier Anlehnung an das oben Gesagte wird es keine wie immer geartete „bürgerliche Verpflichtung” für einen Staatsdienst, sei es militärisch oder zivil, geben.