VII - INTERNATIONALE BELANGE

VII - INTERNATIONALE BELANGE

1. Die Aussenbeziehungen werden geprägt sein vom Willen ein föderales und selbstverwaltetes System, wie das hier für Portugal vorgeschlagene, auch woanders zu verbreiten, und der in Wirklichkeit mehr oder weniger feindlichen nachbarlichen Umwelt. Klar liegen soll das Bestreben, mit anderen Nachbarländern und -regionen auf der iberischen Halbinsel und in Europa, die sich eine ähnliche Verfassung geben, föderative übereinkünfte zu schließen.

2. In gewisser Hinsicht sollte die politische Ausrichtung im internationalen Kontext immer durch folgende Aspekte geprägt sein:
- Neutralität
- Abrüstung
- Entmilitarisierung

Unmittelbar übersetzt sich diese Ausrichtung in: Aufgabe und ächtung der NATO und allen anderen Militärpakten sowie strategischen Blöcken, für eine Position der konsequenten Blockfreiheit, für eine Verurteilung aller ausbeuterischen und unterdrückerischen Systeme, speziell der diktatorischen, und für den Kampf der Völker zu ihrer Befreiung, ohne jene mit ihrer individuellen Pseudo-”Vertretung” zu verwechseln. Spezielle Hilfe sollte den internationalen nicht-staatlichen Organisationen gewährt werden, die im humanitären Bereich, auf dem Versorgungssektor, in der Kinderhilfe und in Selbsthilfegruppen arbeiten, etwa zur Erhaltung und Wiederherstellung fundamentaler Menschenrechte, etc.

3. In den Beziehungen zu den benachbarten Völkern solllen die Annäherung zu diversen spanischen Volksgruppen (unter der Perspektive einer nichtstaatlichen Föderation der freien iberischen Völker) und die Herstellung spezieller Verbindungen zu den europäischen Ländern vorrangige Bedeutung haben. Letzteres nicht nur um den parlamentarischen und elitären Charakter der europäischen Institutionen zu kritisieren sondern unter den verkündeten Grundsätzen von Freiheit und Humanität, um sie verbreiten zu helfen. Austausch und gegenseitigem kulturelles Verständnis sollen forciert werden.

4. In den Weltorganisationen, wie UNO, FAO, WHO,UNESCO, ILO und anderen speziellen Organisationen sollen portugiesische Delegationen weiter vertreten sein, jedoch in der schon erwähnten kritischen Haltung. Diese Präsenz ist eher eine Folge des Respekts für die Völker der Welt und als Folge unserer Bewusstheit über die weltweiten Dimensionen der heutigen sozialen Probleme, als eine Anerkennung der Staatsvertreter, die in diesen Organisationen repräsentieren.

5. Um den Bruch mit dem internationalen Völkerrecht zu unterstreichen, könnte Portugal auf irgendwelche bilateralen diplomatischen Beziehungen zu Staaten verzichten. Alle notwendigen Kontakte werden durch die obengenannten Organisationen supranational wahrgenommen, für jeden Bereich gesondert. Trotzdem sollen konsularische Vertretungen in ausländischen Städten unterhalten werden, wo etwa die Zahl der dort ansässigen Portugiesen, es ratsam erscheinen lässt.

6. Portugal möchte gute Beziehungen zu allen Ländern, besonders auf dem Gebiet des Austauschs und der gegenseitigem Hilfe auf kulturellem, wissenschaftlichem und humanitärem Gebiet. Spezielle Kooperationsverträge können mit den Völkern portugiesischer Zunge getroffen werden. Das Schwergewicht dieser Beziehungen sollte sich jedoch auf nichtstaatliches Gebiet, eher auf Verbände und lokale Einheiten also, erstrecken - mehr als auf nationalem Level.

7. Aus dem gesagten ist ersichtlich, daß sich internationaler Handel tendenziell in dem Maße erübrigt, als sich neue innere Gleichgewichte und eine größere Autonomie und Selbstgenügsamkeit auf allen Ebenen entwickeln. Gleichzeitig soll die Handelsfreiheit im möglichen Maß die Regel bleiben. Konkret könnte etwa ein Assoziationsvertrag mit der EG (sofern sie noch existiert) gemacht werden, der das Prinzip der freien wirtschaftlichen Zirkulation von Menschen und Produkten etabliert. Was die Zirkulation von Kapital betrifft, müssten durch das entfaltete System Einschränkungen erfolgen, einerseits für Investitionen, sodaß Gewinne repatriiert werden; andererseits, da es Bereiche gibt, wo kein Markt existiert, im Gesundheits- und Verkehrsbereich, bei Banken und Versicherungen sowie den Grundstoffindustrien. Von alledem hängt ab, ob die wirtschaftlichen Landesgrenzen, wenn schon nicht völlig so doch fast, eliminiert werden können - und mit ihnen der personelle Stab von Zollwache, Fiskal- und Schmuggelüberwachung, die notwendige Begleiterscheinungen von Grenzen sind.

ZUM SCHLUSS

Wie wir zu Beginn feststellten, war dieser Text eine übung, ein Versuch, reine Utopie konkret und gegenwärtig zu denken. Es liegt an Dir, lieber Leser, sie Dir anders vorzustellen, sie zu kritisieren, selbst ihre Voraussetzungen radikal abzulehnen. Oder, um zu ihrer Verwirklichung beizutragen, beginne gerade sie in die Praxis umzusetzen. Dies ist es, was wir versuchen sollten.

Juni 1980, A IDEIA

A Ideia: Revue für anarchistische Kultur und Gedanken
Übersetzung ins Deutsche: Robert Lukesch

(Anmerkung des Webmasters: Im Original enthält der Text noch drei Diagramme. Da diese wenig informativ und für das Vertändnis des Textes unerhebnlich sind, wurden sie hier weggelassen)
Druckversion